Der erste (von drei Deportationszügen) hielt gestern vor 66 Jahren, am 8. Dezember 1941, auf dem hiesigen Bahnhof. In ihn trieb man 134 Personen. Die älteste unter ihnen, Selma Bär, war 66 Jahre alt, die jüngste, Hanna Hess, war erst zweieinhalb Monate zuvor geboren worden. Die offizielle Deportationsliste führt unter den Berufsangaben der Deportierten 22 Schüler. Insgesamt waren es 31 Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren, die an diesem Tag abgeholt wurden, um in ein Vernichtungslager bei Riga gefahren zu werden. Sehr häufig waren gleich mehrere Geschwister in den Zug gepfercht worden:
Martin, Max, Ilse, Fritz und Aron Goldschmidt im Alter zwischen 3 und 15 Jahren mussten mit ihren Eltern, dem Handelsmann Abraham Goldschmidt und seine Frau Ida, die ungewisse Reise antreten. Fritz Goldschmidt überlebte und kam sogar 1945 kurzfristig nach Fulda zurück, um danach nach Israel auszuwandern. Josef und Friederike Hess waren 3 und 6 Jahre alt, als sie mit ihren Eltern, dem Kaufmann Ludwig Hess und seiner Ehefrau Rita, den Zug bestiegen. Ihre kleine Schwester, Hanna Hess, war, wie bereits gehört, mit ihren nicht einmal drei Monaten die jüngste im Zug. Moritz, Gustel und Salomon Kasten im Alter zwischen 7 und 13 Jahren, hatten als polnische Juden bereits die gescheiterte Abschiebung nach Polen im Jahre 1938 hinter sich gebracht, um nun mit ihrer Mutter Ida ein zweites Mal aus Fulda vertrieben zu werden. Clara, Adolf und Eva Lehmann wurden ebenso mit ihren Eltern an diesem 8.12.1941 deportiert wie die Zwillinge Kurt und Fritz Löwenberg mit ihrem Bruder Martin. Als Opfer zu nennen sind auch die Geschwister Judis, Hermann und Herta Mayer, Günter und Marga Rapp, Karola und Sally Tockus, Ruth und Justin Weinberg sowie Kurt und Erika Weinberger.
Als Einzelkinder wurden deportiert: Ernst Adler, Horst Jüngster, Mally Stern und Bela Weinberg.
Die Deportationsliste nennt unter den Berufen der Väter dieser Kinder meist Erdarbeiter oder Fabrikarbeiter, obwohl es sich doch um Kaufleute handelte. Ein Hinweis darauf, dass die Fuldaer Juden zu dieser Zeit zur Zwangsarbeit herangezogen wurden. Das Arbeitsamt Fulda hatte deshalb zunächst gegen die Deportation Beschwerde eingelegt, da man einen Arbeitskräftemangel befürchtete. Der Bedarf wurde in der Folge mit Kriegsgefangenen und nicht-jüdischen Zwangsarbeitern gedeckt.
Der großen Deportation vom 8. Dezember folgten noch zwei weitere. Am 30. Mai 1942 wurden 36 Fuldaer im Alter zwischen 14 und 72 Jahren mit unbekanntem Ziel mutmaßlich in den Raum Lublin gebracht. Die danach noch verbliebenen 76 Fuldaer Juden, viele von ihnen im Alter über 70 Jahren, die älteste Fanny Adler 87 Jahre alt, wurden ebenfalls hier von diesem Ort im September des Jahres 1942 mit dem letzten Deportationszug über Kassel in den sicheren Tod nach Theresienstadt gefahren.