GOTHA - Der Ministerpräsident des Bundeslandes Thüringen hat den "Zug der Erinnerung" auf dem Hauptbahnhof von Gotha empfangen und in einer engagierten Rede vor den Wiedergängern des NS-Regimes gewarnt. „Die Rechtsradikalen drängen in diesen Tagen wieder nach vorn. Sie geben sich ein neues Gesicht“, sagte Ministerpräsident Dieter Althaus. Althaus wünschte dem Zug "Freie Fahrt".
Den Aufenthalt der Gedenkausstellung in den Thüringer Bahnhöfen (neben Gotha auch Erfurt, Weimar und Apolda) hatte der Oberbürgermeister von Gotha, Knut Kreuch, vorbereitet. Kreuch gehörte zu den ersten, die den Zug in ihre Stadt einluden und dabei eng mit dem örtlichen Bündnis gegen Rechts kooperierten. Bei Ankunft des Zuges brachten Gothaer Jugendliche Lebenszeugnisse der aus ihrer Stadt deportierten Menschen in die fahrende Ausstellung ein. Sie hatten mehrere Monate nach Fotos und Archivalien gesucht. Vorgestellt wurde das Projekt "Stolpersteine" mit Erinnerungen an Judith Weissenberg, ein Mädchen aus Gotha. Judith wurde im Alter von 11 Jahren deportiert und kehrte nicht zurück.
In ihrer Eröffnungsrede ging die bundesweite Initiative "Zug der Erinnerung" auf den großen Zuspruch der inzwischen über 60.000 Besucher ein:
"Der Andrang auf den 'Zug der Erinnerung' ist nur eine unbedeutende Fußnote unserer Gegenwartsgeschichte, aber eine, die Hoffnung macht. Die Anteilnahme, die dem "Zug der Erinnerung" entgegengebracht wird, zeigt, daß es in Deutschland nicht an Verständnis für die Lehren der Geschichte fehlt. Was fehlt, ist ein gesellschaftlicher Konsens, der alle einbezieht, die in Deutschland Verantwortung tragen. Dazu gehören insbesondere jene, die ihren wirtschaftlichen oder politischen Einfluß geltend machen könnten, um die Glut der Erinnerung nicht verlöschen zu lassen. Unter ihnen gibt es Bedeutende, die sich gegen die Erinnerung wehren oder den Ort, den Anlaß, die Art der Erinnerung ohne uns bestimmen möchten. Sie scheinen die Lehren der Geschichte für ihr heutiges Handeln zu fürchten. Ihr ritueller Umgang mit der historischen Wahrheit, die immer selben Zeremonien des Gedenkens, ermutigen nicht, sondern ersticken den gesellschaftlichen Wunsch, aus der Geschichte Konsequenzen zu ziehen. Im Brei der offiziösen Alibiveranstaltungen wächst ein Unbehagen, das den Wiedergängern der Massenverbrechen zugute kommt."
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