KÖLN - Mit Ankunft des Zuges in Köln erinnern rheinische Initiativen an die Opfer der "Euthanasie"-Morde. Die regionalen "Euthanasie"-Einträge befinden sich am Ende der Zugausstellung und wurden vom NS-Dokumentationszentrum, einer Einrichtung der Stadt Köln, zur Verfügung gestellt. Die Stadt Köln ist Sitz des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR), der das schwierige Erbe der rheinischen Landeskrankenhäuser verwaltet. Zum LVR gehören die Rheinischen Kliniken Bedburg-Hau mit heute mehr als 1.000 Betten und über 1.600 Mitarbeitern.
Durch Bedburg-Hau führte der Weg von Anna Lehnkering. Das Mädchen wurde aufgrund der NS-Gesetze "zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" 1935 sterilisiert. Der Eingriff war bei "angeborenem Schwachsinn" ebenso durchzuführen wie bei "erblicher Blindheit" und "erblicher Taubheit". Völlig unbestimmt wurde das Sterilisationsmerkmal "schwere erbliche körperliche Mißbildung" gefasst. 1936 kam Anna nach Bedburg-Hau, um 1940 nach Grafeneck verlegt zu werden - in eine Tötungsanstalt des NS-Amtes T 4. Anna Lehnkering und über 400 weitere Patienten aus Bedburg-Hau kehrten von dort nicht zurück.
Erst seit kurzem und nach erheblichen Widerständen werden die Namen der aus Bedburg-Hau deportierten Opfer rekonstruiert. Dieses Verdienst kommt einer Verwandten von Anna zu, die "auf Mauern aus Gleichgültigkeit und Ignoranz" stieß, aber beim neuen Bürgermeister von Bedburg-Hau und der ebenfalls neu eingeführten LVR-Direktorin jetzt Unterstützung findet. Wieviele Kinder sich unter den ermordeten Patienten der Anstalt befinden, ist noch immer nicht mit Sicherheit zu sagen.
Zur Ausstellungseröffnung auf dem Kölner Gleis 1 hatten sich am Donnerstag über 200 Gäste eingefunden. Neben offiziellen Repräsentanten des Stadtrats waren Vertreter gesellschaftlicher Initiativen erschienen, die seit Jahren ein Gedenken an die Deportierten fordern. Dazu gehört die Gruppe "Bahn erinnern". Ihren Mitgliedern gelang es nach schwierigen Verhandlungen und öffentlichen Auseinandersetzungen, auf dem stadteignen Bahnhofsvorplatz eine Bahnschwelle mit drei Gedenkinstallationen des Kölner Künstlers Günter Demnig aufzustellen. Die Gruppe beklagt, daß die Schwelle hinter einen Mülleimer abseits des Passantenverkehrs verlegt wurde, wo sie kaum Beachtung finden kann. Ebenfalls anwesend waren Mitglieder der "Jawne"-Gruppe, die das Andenken an die deportierten jüdischen SchülerInnen des gleichnamigen Kölner Gymnasiums wach halten - auch im "Zug der Erinnerung". Binnen 24 Stunden zählen die Zugbegleiter bereits mehrere Tausend Besucher.