Zug der Erinnerung
Ein Projekt deutscher Bürgerinitiativen
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Die in den USA vorbereitete Klage zur Rückzahlung von Bahn-Einnahmen bei den NS-Massendeportationen wird in der Bundesrepublik unterstützt. "Ansprüche der Überlebenden, die von der ,Deutschen Reichsbahn' zu Millionen in die Lager verschleppt wurden und dafür auch noch zahlen mussten", seien "in vollem Umfang berechtigt", schreibt die von der EU geförderte Bürgerinitiative "Zug der Erinnerung" in einer Stellungnahme zu dem am Wochenende bekannt gewordenen Klageauftrag in den USA.
Demnach verlangen mehrere Tausend Überlebende aus Osteuropa, dass die heutige Deutsche Bahn AG sämtliche Tateinnahmen, die ihr aus dem Erbe der "Deutschen Reichsbahn" zuflossen, an die Opfer zurückerstattet. Für die Deportationen berechnete die "Reichsbahn" Kilometergelder. Fahrten in den Tod stellte sie bei Kindern mit Rabatten in Rechnung. Die Sammelklage auf Rückerstattung wollen die Überlebenden wegen der dortigen Rechtslage im Juni in den USA einreichen. Laut einem Gutachten des "Zug der Erinnerung" betragen die Deportationseinnahmen aus der Mordbeihilfe der "Reichsbahn" mindestens 445 Millionen Euro heutiger Währung. Unter Anrechnung sämtlicher Zinsen kommen die Klägeranwälte auf einen von der DB AG geschuldeten Betrag von knapp 2 Milliarden Euro.
Nach Auffassung der Bundesregierung sind die Ansprüche der NS-Opfer erledigt. Rechtliche Verpflichtungen deutscher Täterunternehmen oder deren Nachfolger bestünden nicht, da sie durch Zahlungen in einen nationalen Stiftungsfonds ("Stiftung EVZ", Berlin) entlastet seien. Laut Stiftungsgesetz wurde NS-Opfern zwei Jahre Zeit gegeben, ihre Schädigung zu belegen, um aus diesem Fonds Mittel zu erhalten. Wer den Stiftungsbedingungen nicht nachgekommen ist, habe jeden Anspruch verwirkt. Hunderttausende gingen leer aus. Seitdem sei die deutsche Industrie vor weiteren Forderungen geschützt; auch die Deutsche Bahn AG genieße "Rechtsfrieden", argumentiert die Bundesregierung.
Hingegen heißt es in der Stellungnahme der Bürgerinitiative, "Rechtsfrieden" müssten "an erster Stelle die Opfer" erfahren. Ihnen habe die DB AG "moralische und materielle Anerkennung ihres Leidens" zu gewähren. "Die bei den NS-Deportationen begangenen Verbrechen können durch einen rechtlich unverbindlichen Stiftungsfonds mit zweijährigen Verfallsfristen niemals geheilt werden. Mord und Völkermord verjähren nicht." Die angekündigte Klage in den USA werde das deutsche Stiftungsgesetz an internationalen Rechtsstandards zu messen haben. "Es ist höchste Zeit, die fragwürdigen Praktiken des Berliner Stiftungsfonds zu überprüfen", schreibt der "Zug der Erinnerung".
Der private Verein, der von Europäischen Union wegen seines bürgerschaftlichen Engagements 2010 ausgezeichnet wurde, hatte an die Deutsche Bahn AG mehrfach appelliert, mit den betroffenen Opferorganisationen und der deutschen Zivilgesellschaft in Gespräche über Schuld und Schulden der "Reichsbahn" einzutreten. Sämtliche Appelle seien ignoriert worden, heißt es in der Stellungnahme. "Wir bedauern, dass die Verantwortlichen der Deutschen Bahn AG diesem Dialog ausweichen und stattdessen Konfrontation betreiben. Das Ergebnis dieser Strategie sind internationale Rechtsauseinandersetzungen, die das Unternehmen teuer zu stehen kommen."
Zug der Erinnerung
Der Vorstand
Mai 2011