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Zug der Erinnerung
Ein Projekt deutscher Bürgerinitiativen

In Kooperation mit:

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Formular zur Ankündigung der Deportation

Die Jüdische Gemeinde Frankfurt/M (unterzeichnet von Alfred Weil und Arthur Kauffmann), 7. 6. 1942. Das Formular mußte die Jüdische Gemeinde auf Befehl der Gestapo verschicken.

Herrn/ Frau/ Fräulein

Auf behördliche Anordnung setzen wir Sie davon in Kenntnis, daß Sie sich ab Mittwoch, den 10. Juni 1942, vormittags 8 Uhr zur Abwanderung in Ihrer Wohnung bereitzuhalten haben, und behändigen Ihnen hiermit die von Ihnen vor Ihrer Abwanderung auszufüllende Vermögenserklärung. Mit der Zustellung der Vermögenserklärung ist Ihr gesamtes Vermögen als beschlagnahmt anzusehen. Demgemäß haben Sie sich jeder Verfügung über dasselbe zu enthalten; insbesondere ist es Ihnen strengstens untersagt, irgendwelche in Ihrem Besitz befindlichen Gegenstände zu verschenken, zu verkaufen oder einem anderen in Verwahrung zu geben.

Die Vermögenserklärung ist von Ihnen bis zum 10. d. M. vormittags 8 Uhr unter genauer Beachtung des auf der ersten Seite befindlichen Hinweises auf das sorgfältigste auszufüllen und in Ihrer Wohnung bereitzuhalten. Alle zur Vermögenserklärung gehörigen Beweisurkunden, Verträge usw. (z. B. Mietverträge) sind der Vermögenserklärung beizufügen.

Bei Verstößen gegen vorstehendes Verfügungsverbot sowie bei unrichtiger oder mangelhafter Ausfüllung der Vermögenserklärung drohen strenge staatspolizeiliche Maßnahmen.

Vor Ausfüllung der Vermögenserklärung haben Sie gemäß behördlicher Anordnung einen Sonderbeitrag in Höhe von mindestens 25% Ihres Barvermögens - d. h. Ihres Bargeldes und Ihrer Barguthaben bei Banken oder Sparkassen (z. B. Kontokorrent-Guthaben, Festgeldkonten, Sparguthaben pp.), nicht aber von Ihrem Wertpapiervermögen und sonstigen Vermögen - an die unterzeichnete Zweigstelle der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland zu leisten. Zu diesem Zwecke haben Sie das Formular - Anlage 1 - entsprechend auszufüllen und bis spätestens Montag, den 8. d. M., 14 Uhr zur Abholung durch einen Beauftragten von uns bereitzuhalten. Wer nicht mehr als RM 50.- an Bargeld und Barguthaben pro Person besitzt, ist von der Zahlung dieses Sonderbeitrages befreit und hat uns hiervon schriftlich Kenntnis zu geben.

Für diejenigen Personen, welche bestimmungsgemäß außerdem noch Zahlungen an die jüdische Kultusvereinigung, Jüdische Gemeinde in Frankfurt/M e.V., zu leisten haben, ist eine entsprechende Zahlungsaufforderung in der Anlage 2 beigefügt. Die Begleichung der angeforderten Beträge hat durch Ausfüllung des vorgedruckten Überweisungsauftrages an die Bank (Rückseite der Zahlungsaufforderung) zu erfolgen. Dieses ausgefüllte Formular ist ab Montag, den 8. d. M., 14 Uhr zur Abholung durch einen Beauftragten von uns bereitzuhalten. Falls Sie die vorgeschriebenen Zahlungen aus Ihrem Sparguthaben leisten wollen, so haben Sie Ihr Sparkassenbuch zur Abholung gegen Quittung bereitzuhalten, damit wir das Sparbuch der Sparkasse vorlegen können.

An Bargeld darf jede Person nicht mehr als RM 50.- mitnehmen. Die Mitnahme eines höheren Betrages ist strengstens verboten. Bei Zuwiderhandlungen drohen schärfste staatspolizeiliche Maßnahmen.
Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn begüterte Transportteilnehmer vor Ausstellung ihrer Vermögenserklärung anderen den ihnen fehlenden Betrag bis zu RM 50.- pro Person zur Verfügung stellen. Für Personen, welche keine RM 50.- aufbringen können, wird der erforderliche Betrag aus Gemeinschaftsmitteln der Transportleitung zur Verfügung gestellt.

Die Mitnahme von Devisen, Wertpapieren, Sparkassenbüchern oder sonstigen Wertsachen, insbesondere von Gold- und Silbersachen aller Art ist strengstens verboten. Zugelassen ist lediglich die Mitnahme eines Eheringes für die verheiratete Person. Die Wertgegenstände, welche nicht mitgenommen werden dürfen, sind in einem festen Umschlag oder Beutel unter Beifügung eines Verzeichnisses zu verwahren und in der Wohnung zurückzulassen.

Die Mitnahme warmer Kleidung, desgleichen festen Schuhwerks, wird dringend empfohlen. An Gepäck können Sie mitnehmen:

  1. einen nicht zu großen und nicht zu schweren Handkoffer oder Rucksack, der nur das unbedingt Notwendige enthalten soll. Die Mitnahme von großem Gepäck ist verboten.
  2. einen Brotbeutel oder eine Handtasche mit Reiseverpflegung für drei Tage sowie Eßgeschirr, Löffel und Trinkbecher, jedoch kein Messer. Reiseverpflegung nicht im Handkoffer unterbringen!

Die mitzunehmenden Decken - für jede Person eine warme Decke (Kolter oder Steppdecke) - werden von uns gesammelt und sind zur Abholung durch uns von Dienstag, den 9. d. M., vormittags 8 Uhr an unverpackt bereitzuhalten. Sie können Ihre Decke mit Ihrem Namen versehen. Federbetten dürfen nicht mitgenommen werden. Für den Fall, daß Sie mehr als eine Decke besitzen, bitten wir Sie, uns die überzähligen Decken für bedürftige Transportteilnehmer zur Verfügung zu stellen.

Jedem Transportteilnehmer steht es frei, uns ein Eßbesteck mit Messer zur gemeinsamen Versendung nach dem Bestimmungsort zu übergeben.

Diese Gegenstände können mit dem Namen bezeichnet werden. Sie sind unverpackt zur Abholung bis zum Dienstag, den 9. d. M., vormittags 8 Uhr bereitzuhalten. Auch Rasierapparate mit Klingen bzw. Rasiermesser können uns in entsprechender Weise zur gemeinsamen Versendung nach dem Bestimmungsort übergeben werden.

Etwa noch in Ihrem Besitz befindliche Fahrräder, Schreibmaschinen, Photoapparate und Ferngläser sind bis Dienstag, den 9. d. M., mittags nur Friedrichstraße 29 abzuliefern. Sollten Sie aus zwingenden Gründen nicht in der Lage sein, Ihr Fahrrad bis dahin an der angegebenen Stelle abzuliefern, so haben Sie uns dies bis Montag, den 8. d. M., nachmittags 14 Uhr bei der unterzeichneten Jüdischen Kultusvereinigung zu melden, damit das Fahrrad am Dienstag, den 9. d. M., ab 8 Uhr vormittags bei Ihnen abgeholt werden kann. Die abzuliefernden Gegenstände sind nicht in die Vermögenserklärung mit aufzunehmen.

Die Lebensmittelkarten sind von Ihnen beim Verlassen Ihrer Wohnung mitzunehmen und erst später auf Weisung abzuliefern.

 

London, Wiener Library P. III c Nr. 1200.

Aus: Dokumente zur Geschichte der Frankfurter Juden 1933–1945, S. 518ff.