Zug der Erinnerung
Ein Projekt deutscher Bürgerinitiativen
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Der "Zug der Erinnerung" hat seine Frühjahrsfahrt abgeschlossen und ist zur Zwischenabstellung in Hessen eingetroffen. Binnen eines Monats zählten die pädagogischen Zugbegleiter 15.000 Besucher auf 7 Bahnhöfen im deutsch-polnischen Grenzgebiet (Eisenhüttenstadt, Cybinka, Frankfurt/Oder) sowie in der Bundeshauptstadt (Berlin-Grunewald, Berlin-Spandau, Berlin-Schöneweide, Berlin-Friedrichstraße). Unter ihnen waren etwa 6.000 SchülerInnen, die in den Vormittagsstunden Ergebnisse ihrer Spurensuche in die Ausstellung einbrachten oder Einzelschicksale deportierter Kinder und Jugendlicher erarbeiteten.
Reaktionen vieler Einzelbesucher dokumentieren die im Zug ausliegenden Gästebücher. Darin äußern sich Fassungslosigkeit über die "Reichsbahn"-Täter, die nach Kriegsende straflos ausgingen, und Empörung über die Behandlung der überlebenden Opfer. Mehrere Überlebende, die als Kinder mit der "Reichsbahn" deportiert worden waren, begleiteten den "Zug der Erinnerung" auf seinen Stationen in Berlin und forderten von den historischen Erben Restitution. Der Trägerverein des Zuges wird seine Kräfte in den kommenden Monaten diesen Forderungen widmen (Gemeinsame Erklärung).
Logistische Hilfe leisteten bei der Frühjahrsfahrt viele Bahnkollegen im Inland und Ausland. In Polen sorgte die PKP (Warschau) für den außergewöhnlichen Grenzübertritt der Ausstellungswagen (Internationale Zusammenarbeit), in Deutschland beförderte EKO-Trans (Eisenhüttenstadt) den Zug mehrfach kostenlos und gewährte ihm Schutz auf dem Firmengelände. Die DME (Darmstadt) arbeitete gemeinsam mit der DB-Netz (Frankfurt a.M.) an den komplizierten Fahrplänen im Sonderzugverkehr. Dass der "Zug der Erinnerung" auf dem zentralen Hauptstadtbahnhof Friedrichstraße halten konnte, bedurfte einer besonderen Anstrengung der Frankfurter Kollegen.
Ihnen allen gilt der Dank des Trägervereins, der seit 2007 über 390.000 Besucher betreute (Fahrplan).
Mit mehreren Gedenkveranstaltungen auf Gleis 2 des Berliner Bahnhofs Friedrichstraße ehrten die Bezirke Marzahn und Mitte die Berliner Opfer der "Reichsbahn"-Deportationen am Donnerstag (20. Mai). Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle erinnerte an die Roma, die im früheren Hellersdorf interniert und anschließend nach Auschwitz verschleppt wurden. Sie kehrten nicht zurück. Bezirksbürgermeister Hanke (Berlin-Mitte) rief zur Gegenwehr gegen die neuen Formen von Antisemitismus und Rassismus auf.
Seit Einfahrt des Zuges in Berlin-Friedrichstraße nimmt der Besucherstrom stündlich zu. Dutzende Schulklassen, Reisende und Berliner aus allen Stadtteilen legen an und in den Waggons Blumen nieder.
Von einer gemeinsamen Gedenkstättenfahrt in das frühere KZ Stutthof (Sztutowo) kehrten jetzt 16 Jugendliche in ihre deutschen und polnischen Heimatorte zurück. Die acht deutschen Teilnehmer aus Guben und Eisenhüttenstadt hatte der "Zug der Erinnerung" eingeladen, die Leitung lag bei der Warschauer "Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung".
Im Zentrum des Treffens vom 5. bis zum 10. Mai stand die Besichtigung des ehemaligen KZ Stutthof und die Teilnahme an den Feierlichkeiten anlässlich des 65. Jahrestages der Lagerbefreiung. Den Kern des Seminars bildeten Gruppenaktivitäten und Workshops, die von den Mitarbeiterinnen der Warschauer Stiftung und von dem Pädagogen des Museums Stutthof geleitet wurden.
Unmittelbar nach dem Überfall auf Polen (September 1939) hatten die deutschen Besatzer begonnen, in Stutthof polnische Intellektuelle zu internieren, um den "Generalplan Ost" umzusetzen. Der Plan sah die Versklavung der polnischen Bevölkerung vor und endete in Massenmorden. Sie waren Ausfluss eines irrationalen Rassismus, aber ließen sich zugleich in das zielgerichtete Programm der Eroberung Europas einfügen.
Erst diese Synthese steigerte die kriminelle Energie unterschiedlicher deutscher Interessengruppen, die gemeinsam das größte Menschheitsverbrechen zu verantworten haben.
Nach den Stationen in Berlin-Grunewald und Spandau steuert der "Zug der Erinnerung" Berlin-Schöneweide an. Dort hat die Bürgermeisterin von Treptow-Köpenick eine Einladung ausgesprochen. Das Bezirksarchiv beteiligt sich an der Spurensuche nach den Deportierten, das Schulamt wirbt um den Besuch von Jugendlichen. Schöneweide ist die vorletzte Berliner Station. Zum Fahrtabschluss in der Bundeshauptstadt wird der Zug im zentralen Bahnhof Friedrichstraße (Mitte) stehen.
Der zweitägige Halt in Friedrichstraße gibt Besuchern aus sämtlichen Berliner Bezirken Gelegenheit, die 4.500 deportierten Kinder der Stadt zu ehren. Eine besondere Einladung nach Friedrichstraße gilt den Bewohnern in Berlin-Marzahn. Dort kann die Ausstellung wegen technischer Probleme nicht Halt machen. Ein Shuttle-Service soll die in der Spurensuche engagierten SchülerInnen aus Marzahn am 20. und 21. Mai nach Friedrichstraße bringen - mit Unterstützung des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB).
Die Bürgerinitiative "Zug der Erinnerung" bittet die Berliner: Bringen Sie für die Deportierten Ihrer Stadt Blumen an die Bahnhöfe!
Nach mehrwöchigen Kontroversen (Medienberichte) ist der "Zug der Erinnerung" in Berlin eingelaufen. Wie geplant fand die Zeremonie anlässlich der 65. Wiederkehr des 8. Mai auf dem früheren Deportationsbahnhof Grunewald statt. Hier brachten SchülerInnen des Werner-von-Siemens-Gymnasiums die Ergebnisse ihrer Spurensuche nach den aus Berlin deportierten Kindern an den Zug. Das Schulorchester sorgte für die musikalische Umrahmung. Repräsentanten mehrerer diplomatischer Vertretungen gedachten der Opfer (Gemeinsam).
Der Gesandte der USA, seine Familie sowie die Kinder des US-Botschafters legten am "Zug der Erinnerung" Blumen nieder. Auch die Botschaft der Russischen Föderation ehrte die Opfer mit einem Kranz. Gemeinsam hatten die Verbündeten der Anti-Hitler-Koalition am 8. Mai 1945 die deutsche Kapitulation erzwungen. Damit endeten die Massendeportationen von SS und Deutscher Reichsbahn.
Die Rechtsnachfolger der Deportationstäter blieben dem "Zug der Erinnerung" in Berlin-Grunewald fern. Weder das Bundesverkehrsministerium noch die DB AG ergriffen die Gelegenheit zum Gedenken. Eine Bitte um finanzielle Unterstützung des Zugaufenthalts lässt Minister Ramsauer (CSU) seit mehreren Monaten unbeanwortet. Auch der Appell der Überlebenden (Gemeinsame Erklärung) wird von Ramsauer keiner Antwort für wert befunden.
Die Deutsche Bahn AG hat den Bahnhof Berlin-Grunewald freigegeben. Wie von der Bürgerinitiative seit mehreren Wochen verlangt, kann der "Zug der Erinnerung" am 8. Mai an dem früheren Deportationsort der "Reichsbahn"-Opfer gedenken. Die Freigabe erfolgte wenige Stunden nach Veröffentlichung einer Pressemitteilung des Trägervereins, der ankündigte, ein etwaiges Gedenkverbot "notfalls (zu) durchbrechen". "Wir sind erleichtert, dass die DB AG endlich einzulenken scheint, und hoffen auf die Freigabe aller übrigen Stationen in der Bundeshauptstadt", sagt ein Sprecher der Initiative. Völlig ungeklärt ist der Halt auf dem Bahnhof Berlin-Spandau. Dort haben zivilgesellschaftliche Organisationen und Mitglieder des Bezirksparlaments den Zug eingeladen. Eine Freigabe hat die DB AG noch immer nicht erteilt.
Den Kurs des Unternehmens verdeutlicht ein Drehverbot für den öffentlich-rechtlichen Sender "rundfunk berlin-brandenburg" (rbb). Der rbb wollte über den "Zug der Erinnerung" berichten und hatte die DB um eine Dreherlaubnis auf dem Bahnhof Grunewald gebeten. Daraufhin untersagte die DB dem Sender, in Grunewald Interviews aufzunehmen. Das Drehverbot erstreckt sich auch auf das Gelände des Mahnmals für die deportierten Berliner Juden (Pressemitteilung).
1.150 polnische Gäste besuchten den "Zug der Erinnerung" während seines zweitägigen Aufenthalts in Cybinka, darunter etwa 600 SchülerInnen (Foto). Sie übergaben dem Zug Ergebnisse ihrer Spurensuche nach den polnischen Opfern der deutschen Besatzung. Mehrere Millionen Polen wurden von der deutschen "Reichsbahn" zur Zwangsarbeit in das "Altreich" oder in die Vernichtungslager deportiert. Nicht einmal ein Drittel der Überlebenden sind dafür jemals entschädigt worden. Sie verlangen von der DB AG Gerechtigkeit. Nach dem Aufenthalt in Cybinka steht der Zug bis zum 7. Mai in Frankfurt (Oder), Gleis 5 (8.30 bis 19.30 Uhr).
In einer beispiellosen Aktion haben vier deutsche und polnische Bahnunternehmen am Sonntag (2. Mai) für die Überführung des "Zug der Erinnerung" von Deutschland nach Polen gesorgt (Fahrplan). Beteiligt waren die Logistiker PKP (Warschau), Poro (Kunowice) sowie EKO-Trans (Eisenhüttenstadt) und DME (Darmstadt). Für die Überführung erteilte die PKP eine Sondergenehmigung. Nach seinem vergangenen Aufenthalt in Eisenhüttenstadt (1.200 Besucher) steht der "Zug der Erinnerung" ab Montag, 3. Mai, den Besuchern in Cybinka jenseits der Oder zur Verfügung. Die beteiligten Bahnunternehmen stellen ihre aufwendigen Leistungen (Wert: über 10.000 Euro) kostenlos oder zu reduzierten Sätzen zur Verfügung, während die DB AG für den Zug hohe Trassen- und Bahnhofsgebühren verlangt.
Nach dem Aufenthalt in Cybinka wird der "Zug der Erinnerung" den Bahnhof Frankfurt (Oder) anfahren (5. bis 7. Mai).
Weiterhin ungeklärt sind die Stationen in Berlin, wo die mobile Ausstellung am 8. Mai eintreffen wird. Bis Sonntag, 2. Mai, hat die DB AG noch immer nicht dargelegt, ob sie auf ihrer angekündigten Stationssperrung in Berlin-Spandau beharrt und den früheren Deportationsbahnhof Grunewald freigibt (Gegen alle Widerstände).
Am Grenzübergang zwischen Frankfurt (Oder) und Slubice übernahm eine Lok der PKP (ganz hinten) den "Zug der Erinnerung" von EKO-Trans (vorne). Die internationale Zusammenarbeit gilt dem gemeinsamen Gedenken an die Opfer der deutschen Menschheitsverbrechen. Auch die französischen Staatsbahnen haben den Zug mehrfach unterstützt. Lediglich die DB AG bereitet der Ehrung mehrerer Millionen Deportierter andauernde Schwierigkeiten.
Acht Jugendliche aus Guben und Eisenhüttenstadt werden Anfang Mai nach Sztutowo (Stutthof) fahren. Sie folgen einer Einladung der Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung (Warschau) und der Bürgerinitiative "Zug der Erinnerung". Ende April kehrten 100 deutsche Jugendliche von einer Gedenkstättenfahrt zurück, die mit dem "Zug der Erinnerung" in das frühere Lager Auschwitz führte. Die in Auschwitz und in den übrigen Vernichtungslagern begangenen Massenmorde waren Ausfluss eines irrationalen Rassismus, aber ließen sich zugleich in das zielgerichtete Programm der Eroberung Europas einfügen.